In der Stadt Myra lebte
ein Mann namens Avaruzzo. Er wohnte am Rande der Stadt, in einem kleinen Haus
mit Garten. Sein Haus hatte offene Fenster und Türen. Wenn Kinder kamen, wurden
sie von Avaruzzo beschenkt. Erwachsene fragten ihn oft um Rat und Hilfe.
Avaruzzo hatte ein offenes Ohr und ein offenes Herz.
Eines Nachts hatte
Avaruzzo einen seltsamen Traum:
Er hörte eine Stimme: Avaruzzo
was geht dich die Not der anderen an. Denke doch mal mehr an dich! Sorge, dass
es vor allem dir gut geht. Ich weiß wie du der reichste Mann in Myra wirst.
Willst du?
Avaruzzo ist jetzt wach.
Was ist das für eine Stimme? Kommt sie von außen? Oder von innen, von seinem
eigenen Herzen? Die Stimme lockt, verlockt der Größte, der Reichste zu sein.
Der Gedanke lässt ihm keine Ruhe mehr. „Ja, ich will es“, spricht er ganz laut.
„Alles hat seinen Preis“,
sagt die Stimme. „Gib mir dein weiches Herz. Ich geb dir dafür ein hartes, ein
Herz aus Stein. Dann rührt dich keine Not mehr an. Du denkst nur mehr an dich
und du wirst groß und mächtig sein.“ So kommt es: Avaruzzo gibt sein weiches
Herz für ein Herz aus Stein.
Am nächsten Morgen hat
Avaruzzo keinen Blick mehr für den Schein der Sonne, das Singen der Vögel und
die bunten Blumen. Tür und Fenster bleiben verschlossen. Verschlossen auch
Arme, Hände, sein Herz. Für die Kinder hat Avaruzzo nichts mehr übrig, sie
fürchten ihn sogar. Die Leute, die um
Rat und Hilfe fragen werden fortgeschickt.
Avaruzzo will nur eins:
haben, haben, haben immer mehr und mehr. Ich will der Größte sein der Reichste
ich ganz allein.
Avaruzzo ist reich
geworden. Er ist aber auch ganz einsam geworden. Ohne Freunde und ohne Freude.
Jeder fürchtet ihn und macht einen weiten Bogen um sein Haus.
In Myra lebt noch ein
anderer Mann, der blickt oft hinüber zu Avaruzzo und macht sich so seine
Gedanken.
Es ist der Bischof Nikolaus.
Er denkt sich: da ist einer ganz reich, und doch arm im Herzen. Er lebt mit
allen im Streit, hat keine Freunde mehr, sein Herz ist hart, hart wie Stein.
Was kann ich tun? Wie kann ich helfen?
Nikolaus beschließt. Ich
will hingehen, so wie ein Hirte sein verlorenes Schaf sucht, so will ich gehen
und ihn suchen und besuchen.
Bischof Nikolaus klopft an
die Tür. Avaruzzo öffnet sie. „ Was willst du!“will er sagen, aber die Worte
bleiben ihm im Mund stecken. Zwei gütige Augen schauen ihn an und Nikolaus
spricht: „ Avaruzzo Friede sei mit dir!“
Dann legt Nikolaus seinen
Arm um Avaruzzos Schulter. Er umarmt ihn. Und sagt:“ Avaruzzo! Gottes Liebe
wohnt in unseren Herzen. Sie ist ausgeschüttet auch in deinem Herzen. Öffne dein Herz für diese Liebe, Gib
ihm Platz darin!“
Es geschieht ein Wunder.
Avaruzzo begreift: „Da ist einer zu mir gekommen, der es gut mit mir meint. Er
verachtet mich nicht. Er schaut mich mit Liebe an. Er gibt mir gute Worte.
Und so kam es, was so hart
in Avaruzzo war, wird ganz weich. Es ist, als fiele dem Avaruzzo der schwere
Stein vom Herzen. Er kann aufatmen. Die Liebe und Freude kehren zurück in sein
Herz. Avaruzzo hat sein menschliches Herz wieder gefunden.
Alles was verschlossen
war, wird wieder aufgemacht, das Fenster die Arme das Herz. Avaruzzo lacht in
die Welt.
Wir wollen mit Avaruzzo
dem Bischof Nikolaus danken und Gott bitten: Schenke auch uns ein gutes Herz.
Gedanken zu dieser Geschichte:
Der Heilige Nikolaus wird
jedes Jahr in der Adventszeit gefeiert. Warum eigentlich gerade im Advent?
Weil Nikolaus ein Mensch
ist, der uns tief in das Geheimnis des Advent blicken lässt. Und die Geschichte,
die wir gerade gehört haben, erzählt davon.
Denn das Geheimnis des
Advents wird an dem Reichen Avaruzzo deutlich.
Avaruzzo ist ein Mensch
wie wir alle. Eigentlich weiß er ja, worauf es im Leben ankommt. Aber da ist
diese Stimme, die ihn langsam immer mehr einnimmt. Es ist halt zu verlockend,
reich zu sein, mehr zu haben als alle anderen.
Ähnlich geht es vielen
Menschen mit dem Advent. Es herrscht ein unheimlicher Zwang, immer größere
Geschenke zu kaufen. Die Menschen übertrumpfen sich gegenseitig mit der
originellsten Weihnachtsdekoration. Es wird gebastelt, gemalt, gebacken was das
Zeug hält. Dabei geht aber das Eigentliche am Advent verloren. Was das ist,
sagt dieses Gebet:
Guter Gott
Bischof Nikolaus war ein
guter Mann
Schenke auch uns Augen und
Ohren, die Not erkennen.
Schenke auch uns ein Herz,
das bereit ist zu helfen und zu teilen.
Gib uns Hände und Füße,
die bereit sind unserem Herzen zu folgen.
Denn dann bist du mitten
unter uns. Amen.
Das Geheimnis des Advent
ist nichts Außergewöhnliches. Aber es ist etwas, was uns Menschen zu tiefst im
Herzen berührt. So wie die Umarmung des Nikolaus den Avaruzzo zutiefst im
Herzen berührt hat. Es ist etwas, das uns die Augen und Ohren öffnet und uns
bereit macht, die Not und die Freude unserer Mitmenschen zu teilen.
Deshalb ist der Namenstag
des Heilige Nikolaus ganz zu Recht im Advent, weil er dieses Geheimnis erkannt
hat. Es ist dieser Weg in unser eigenes Inneres, in unser Herz, der auch im
heutigen Evangelium angesprochen wird, wenn es heißt: Bereitet dem Herrn den Weg,
ebnet ihm die Straße.
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